Es ist geschafft: Wir sind Weltmeister! Aber wer ist eigentlich "wir"? Kaum wurde der erste Jubel über das gewonnene WM-Finale laut, beeilte sich ein Politiker der Linken klarzustellen, dass ein paar Fußballspieler Weltmeister geworden sind, aber nicht "wir". Gut, formal betrachtet ist das natürlich richtig. Aber gefühlt eben nicht. Also gut, liebe Linke, dann sind wir eben Weltmeister, und ihr nicht! Ihr seid allenfalls Weltmeister im Nörgeln und Miesmachen.

Vermutlich hat ein Großteil der Klientel der Linken den Weg unserer Mannschaft verfolgt, hat mitgefiebert und sich am Ende mitgefreut. Warum gönnt ihr denen das nicht? Ihr könnt es wohl nicht ertragen, dass in Schlaaand auch einmal gute Stimmung herrscht, zumindest für eine Weile. Es muss wohl immer alles schlecht sein, damit ihr zufrieden seid. Für euch ist der Massensport Fußball sicher auch Opium fürs Volk und Deutschland-Fähnchen und bunte Bemalung ein Ausdruck von Nationalismus. Ihr würdet Deutschland am liebsten abschaffen, damit sich niemand mehr über etwas Deutsches freuen kann. Ihr seid eben besserwisserische, verbohrte und humorlose Betonkopfe, die alles viel zu ernst nehmen. Oder einfach neidisch? Spaß und Freude sind als Ausdruck neoliberaler Dekadenz verboten. Wundert ihr euch da noch, wenn nur wenige solche Spaßbremsen wählen mögen?

Den Vogel abgeschossen hat allerdings der von mir überwiegend geschätzte Jakob Augstein auf Spiegel-Online, für den eine Fußballweltmeisterschaft eine Art von Krieg mit anderen Mitteln ist. Das war nicht einmal in den Nachkriegsjahren der Fall, als die Reporter noch von Fußballschlachten und Länderkämpfen sprachen. Inzwischen hat sich die Sprache gewandelt. Wenn Fußball ein Ersatz für Kriege ist, dann bin ich dafür, dass wir künftig nur noch Fußbälle statt Waffen exportieren. Wer meint, dass wir wegen einer gewonnenen WM nun auch politisch/militärisch nach der Weltmacht streben werden, der muss einen ziemlichen Tunnelblick haben. Solche Spiele mit historischen Schlachten zu vergleichen, Fußballer mit Soldaten gleichzusetzen, ist absurd. Wer so denkt, ist entweder Fußballhasser oder neidisch. Oder Argentinier.

Die Erfahrung zeigt, dass die nationale Euphorie nicht von Dauer ist. Nach den Sommerferien kehrt wieder der Alltag ein. Und was ist so schlimm daran, mal schwarz-rot-goldene Fähnchen zu schwenken? In keinem anderen (mir bekannten) Land tut man sich so schwer damit, auch nur vorübergehend nationale Symbole zu zeigen. Da sind wir noch immer ziemlich verklemmt und solche Beiträge fördern das noch. Ein bißchen mehr Selbstbewustsein schadet uns nicht und wird nicht gleich zu Allmachtsfantasien führen. Es ging um Fußball, nicht mehr. Muss man unbedingt in jeder Fußballglückssuppe ein Haar finden wollen?

Sicher, während der WM gab es weiter Kriege und Anschläge und Flüchtlinge in Not. Aber ein Verzicht auf den Titel oder auf die Feiern hätte daran nichts geändert. Vielleicht ist ja nun, aus dem Gefühl der Freude heraus, der eine oder andere mal zu einer Spende bereit für diejenigen, denen es schlechter geht. Vielleicht brauchen wir auch ab und zu diesen Gegensatz von Freude und Leid, um uns bewusst zu werden, wie gut es uns tatsächlich geht im Vergleich zu anderen. Dann kann aus der überschwänglichen Freude auch einmal etwas Dankbarkeit und Demut entstehen. Aber siche rkeine Kriegsgelüste.

Liebe Genossen, ihr seid wichtig als Mahner und als Gegengewicht, aber ihr dürft gerne ab und zu mal etwas lockerer sein. Das würde euch viel sympathischer machen.