Der Freistaat Bayern bekennt sich zu den christlich-abendländischen Werten. Wer das noch nicht wusste, der bekommt es demnächst deutlich gezeigt: Ab Juni sollen in den Eingangsbereichen der bayerischen Amtsstuben christliche Kreuze hängen. Das hat der neue Ministerpräsident Markus Söder so angeordnet. Die zahlreichen Kritiker dieser Aktion werden als "christenfeindlich", "religionsfeindlich" oder "intolerant" diffamiert. Dabei sind Christen und Abendländer häufig selber sehr wenig tolerant. Wer einmal darüber nachdenkt, wie wenig sich gerade Politiker aus den Parteien mit dem "C" im Namen für christliche Werte oder wenigstens die Zehn Gebote interessieren, der ahnt, dass etwas anderes dahinter steckt. Wirklich tolerant wäre es, wenn es denn schon sein muss, Symbole aller gängigen Religionen aufzuhängen, um zu zeigen: In dieser Behörde ist jeder willkommen, egal, woran er glaubt. So aber wird das Kreuz nicht zum Symbol der Versöhnung und Nächstenliebe, sondern zum Symbol der Ausgrenzung. Wer nicht daran glaubt, gehört nicht hierher. Tatsächlich müssen wir diese Aktion wohl auch so ähnlich verstehen. Das Kreuz am Eingang als Abschreckung für alle Andersgläubigen, so, wie man mit Knoblauch Vampire vertreiben möchte. Es unterstreicht die Arroganz eines Abendlandes, das glaubt, im Besitz der einzig wahren Werte und des einzig richtigen Glaubens zu sein. Keine Religion der Welt kann das mit Recht für sich in Anspruch behmen.

 

Söders wahrer Beweggrund dürfte ein ganz weltlicher sein. Die Landtagswahlen stehen vor der Tür und er will um jeden Preis ein besseres Ergebnis erzielen als sein Vorgänger Horst Seehofer. Daher hat sich Söders CSU nun auf einen Kreuzzug im doppelten Sinne begeben. Indem er das Kreuz missbraucht, um Stimmung gegen alles Nichtchristliche zu machen, versucht er, Wähler am rechten Rand zu überzeugen, ihr Kreuz bei der Landtagswahl an der (aus seiner Sicht) richtigen Stelle zu machen.

 

Kirche und Staat sind in unserem Land aus guten Grund streng getrennt. Söder benutzt nun ein religiöses Symbol für politische Zwecke. Das ist erbärmlich und zeigt auch, dass es der CSU an echten Inhalten fehlt. Statt mit der Sanierung von Schulen, Kindergärten und Freibädern zu überzeugen, versucht sie es mit Symbolpolitik.  Wer darüber nachdenkt, wie ein Kopftuch als religiöses Zeichen verboten werden könnte, wer von anderen Staaten eine strikte Trennung von Kirche und Staat verlangt, der muss auch in den eigenen Amtsräumen auf religiöse Symbolik verzichten. Eine staatliche Einrichtung muss neutral bleiben und darf nicht nach Glaubensgrundsätzen, sondern nur nach Faktenlage und allgemeingültigen Gesetzen handeln. Der Glaube ist Privatsache, jeder darf glauben, woran er will und jeder hat das Recht auf gleiche Begandlung, egal, ob er Christ, Jude, Moslem, Buddhist, Hindu, Atheist, Pastafari oder was auich immer ist. Es gibt Länder, deren Bewohner deutlich religiöser sind als die Bayern. Trotzdem gibt es dort keine Kruzifixe in staatlichen Dienststellen und bei der Anmeldung fragt kein Beamter nach dem Glauben. Religion findet ausschließlich in der Kirche statt und das funktioniert auch sehr gut.

 

Aber Markus Söder hat ja schon mit seinem kurzen Werbeauftritt in der Serie "Dahoam is dahoam" gezeigt, dass ihm nichts zu peinlich ist, wenn es seinen persönlichen Zielen dient.