Verbreitet herrscht die Meinung vor, die Sozis könnten nicht mit Geld umgehen. SPD-Kanzler-Kandidat Peer Steinbrück hat dieses Vorurteil nun widerlegt. Auf der Top-Ten-Liste der Nebenverdienste von Bundestagsabgeordneten hält er klar die Position Eins. Zumindest, wenn es ums eigene Geld geht, können sie es also doch. Politiker aus Union und FDP wittern einen Skandal, dabei halten sie doch die folgenden neun Plätze in der Rangliste. Neidisch, nicht Erster zu sein?

Unterstützung bekommt Steinbrück, der schließlich doch noch seine Nebentätigkeiten offenlegen will, ausgerechnet vom stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle. Der ist zwar gegen mehr Transparenz, aber er findet, dass es gut wäre, wenn im Parlament mehr Leute aus der Praxis säßen und dass Abgeordnete nicht nur von ihren staatlichen Bezügen abhängig sein sollten. Wovon denn dann? Zahlungen aus der Wirtschaft, auch wenn es dadurch zu Interessenskonflikten kommen kann? Wird ein Abgeordneter zum Praktiker, wenn er ein paar Vorträge vor Industrie- oder bankvertretern hält? Oder soll mehr Praxis in den Bundestag hineingetragen werden? Werden dann nicht die Abgeordneten noch stärker zu Lobbyisten und Werkzeugen der Wirtschaft?

Ja, auch in der freien Wirtschaft ist es u. U. erlaubt, eine Nebentätigkeit auszuüben, vorausgesetzt, die eigentliche Arbeit leidet nicht darunter und es gibt keine Konkurrenzsituation. Auch Abgeordneten kann man das nicht verbieten. Doch wenn der Nebenjob zur Haupteinnahmequelle wird, ist die Unabhängigkeit und eventuell sogar die Loyalität zum Staat, dem eigentlihen Arbeitgeber, infrage gestellt.

Die Abgeordneten werden vom Staat bezahlt - und das nicht so schlecht - damit sie unabhängig bleiben können und nur dem Grundgesetz, ihrem Gewissen und dem Willen ihrer Wähler unterstehen. Ein Parlament als auftragsorientierter verlängerter Arm der Wirtschaft ist ein Irrweg. Wie wäre es mit einer Begrenzung?