Banken retten - aber anders!
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Banken retten - aber anders!
In Europa werden immer mehr Anstrengungen notwendig, um in Schieflage geratene Banken zu retten. Gleichzeitig fragen sich immer mehr Menschen, warum wir eigentlich mit unseren Steuergeldern Banken stützen sollen, die sich verspekuliert haben. Haben die nicht selber Schuld, wenn sie untergehen? Unsere Politiker haben darauf keine brauchbaren Antworten mehr. Sie machen keine Politik mehr für die Menschen in ihren Ländern, sie machen nur noch Politik für "die Märkte" und sind zum ohnmächtigen Spielball der mächtigen Finanzwelt degradiert worden. Vor jeder Entscheidung wird erst einmal die Frage gestellt "wie werden die Märkte darauf reagieren?" Das ist der falsche Ansatz. Ein ungehorsames Kind kann man auf zweierlei Wegen zur Raison bringen: Man kann versuchen, es so zu erziehen, dass es nicht nur an sich denkt, oder man kann ihm solange jeden Wunsch erfüllen, bis es Ruhe gibt. Der zweite Weg ist sicher einfacher, kann aber zum Ruin führen und wird aus dem Kind keinen besseren Menschen machen.
Müssen wir denn wirklich und um fast jeden Preis die Banken am Leben erhalten? Ja, sagen die einen, denn sie sind zu groß und zu wichtig, eben "systemrelevant", um ausfallen zu dürfen. Nein sagen die anderen, wenn ein paar Zocker pleite gehen, macht das nichts, das Geld sollte besser bei den Menschen direkt ankommen.
Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. Sicher würden es die Welt und die Wirtschaft verkraften, wenn einige so genannte Investment-Banken Pleite gehen würden. Doch leider hängen daran oft auch die normalen Geschäftsbanken. Die würden ebenfalls in den Abgrund gezogen werden und dann würde es nicht nur die reichen Zocker treffen. Dann wären Spar- und Girokonten betroffen, Kontokorrentkredite für Unternehmen und Ratenkredite der Häuslebauer würden sofort fällig gestellt werden und die Schuldner wären ebenfalls bankrott. Auf den Einlagensicherungsfonds dürfen wir nicht zu sehr hoffen, der wäre schon mit dem Untergang einer größeren bank überfordert. Dabei gehört der deutsche Fonds noch zu den besten. Das Vertrauen in die Banken an sich würde endgültig dahingehen. Sparer würden ihre Konten leeren und die Krise noch verschlimmern. Ohne Zwischenfinanzierungen läuft in unserer Wirtschaft fast nichts. Viele Unternehmen und Handwerker würden Aufträge nur noch gegen Vorkasse annehmen. Wir müssen zumindest die Geschäftsbanken am Leben erhalten. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass banken und Fonds nicht wieder so viel macht bekommen, dass sie ganze Staaten erpressen können.
Ich erinnere hier an einen Aufruf, den ich schon Ende 2009 geschrieben habe: Nehmt die Banken an die Leine!
Der Fehler liegt im System. Die Banken haben zu viele Freiheiten bekommen und die nutzen sie, solange es geht. Sie werden sich nicht bessern, sondern das System muss sich verändern. Banken, die Staatshilfe bekommen, gehören auch unter staatliche Aufsicht, schließlich gehören sie dann zumindest zum Teil dem Staat, also uns allen. Die großen Finanzkonzerne müssen aufgeteilt werden in eine Geschäftsbank, die Kundengelder verwaltet und Kredite vergibt, und in einen Investmentbereich, der Zocken kann wie er mag und im ungünstigen Fall Pleite geht, ohne andere mitzureißen. Es freut mich, dass nun auch Sigmar Gabriel (SPD) meine Thesen unterstützt. Es hat allerdings schon etwas leicht tragikomisches, wenn nun ausgerechnet die SPD den Bankern die Flügel stutzen will, die unter Kanzler Schröder diese Auswüchse gefördert hat und ausgerechnet jene CDU, die damals als Opposition dagegen war, sich nun in Gestalt von Finanzminister Schäuble gegen eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte sträubt. Glaubwürdiger wird dadurch keiner von beiden.
Manche sagen nun, die anhaltende Finanzkrise sei ein Zeichen dafür, dass die Kräfte des freien Marktes nicht funktionieren würden. Das ist nicht ganz richtig. Der Markt hätte die Sache schon (recht brutal) geregelt, wenn man ihn nur gelassen hätte. Durch die verschiedenen Stützungsaktionen wurde dafür gesorgt, dass die Kräfte des Marktes nicht für die notwendige Bereinigung sorgen konnten. Ein paar abschreckende Beispiele zu Beginn der Krise hätten vielleicht einige andere Institute vorsichtiger werden lassen. Doch so hat man ihnen signalisiert "ihr dürft machen, was ihr wollt, wir kümmern uns dann um die Schäden". Wobei man den Banken zugestehen muss, dass sie im Falle der faulen Staatsanleihen von der EZB sogar zum Kauf gedrängt wurden, geködert mit niedrigsten Zinsen.
Wenn wir nicht zulassen wollen, dass der freie Markt unter Umständen im Zuge einer Korrektur eine ganze Volkswirtschaft mit in den Keller zieht, dann müssen wir klare Regeln aufstellen und Grenzen ziehen. Es darf nicht möglich sein, dass eine Bank, die sich verspekuliert hat, ein Fonds, der zu groß geworden ist oder ein einzelner Großspekulant, der gegen eine Währung wettet, eine ganze Währungsregion in Bedrängnis bringt. Aber welcher Politiker hat den Mut, sich der übermächtigen Finanzlobby entgegen zu stellen? Wir brauchen keine Politik für "die Märkte". Die Märkte sollen uns dienen, und nicht umgekehrt. Leider werden die Gesetzesvorlagen zum großen Teil von den Lobbyisten der Finanzindustrie entworfen - natürlich zu deren Gunsten. Politik für eine Klientel statt für das Volk. Dazu passt ein denkwürdiger Satz, den Angela Merkel im September 2011 in einem Interview sagte: "Wir müssen wege für eine marktkonforme demokratie finden". Die demokratie soll sich den Märkten anpassen? Anscheinend hat die bundeskanzlerin das Wesen der Demokratie noch nicht so ganz verstanden.
Im kleinen Königreich Bhutan gibt es ein kluges Gesetz, das verlangt, dass jedes neue Gesetz daraufhin überprüft werden muss, ob es von Nutzen für die Allgemeinheit ist. Eine praktische Auslegung von Kants kategorischem Imperativ. Davon sollten wir lernen.