9. Aufbruch ins neue Jahrtausend

Der Start in das neue Jahrtausend gestaltet sich schwierig für die Stadt. Nicht alle Vorhaben und Ideen können wie gewünscht umgesetzt werden. Der seit den 1970er Jahren bekannte Spruch „Die Stadt hat kein Geld“ gilt noch immer. Zwar wächst Reinfeld zahlen­mäßig weiter, 2017 wird die Marke von 9000 Einwohnern überschritten, doch die Innenstadt und die Geschäftswelt teilen das Schicksal zahlreicher anderer Städte: Immer mehr Geschäfte schließen. Einige finden keinen Nachfolger, anderen bleiben die Kunden aus. Während es in der Wirtschaftswunderzeit noch jeweils mehrere Schuh- und Textilgeschäfte, Bäcker, Fleischer und dergleichen gab, ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr viel davon übrig. Eingekauft wird in Zentren auf der grünen Wiese, in anderen Städten oder im Internet.

 

Den Status Reinfelds als Pendlerstadt unterstreicht die Einbindung in das Tarifsystem des Hamburger Verkehrsverbunds HVV. Eine Nebenwirkung davon ist, dass viele Pendler, die von Lübeck nach Ham­burg fahren wollen, nun mit dem Auto nach Reinfeld kommen, um von dort mit den günstigeren Tickets nach Hamburg zu fahren. Rund um den Bahnhof werden die Straßen zugeparkt. Züge fahren nun noch häufiger, was zu langen Staus am Bahnübergang Am Zuschlag führt. Im Dezember 2008 wird endlich, nach etwa 30 Jahren Vorbereitung, die Elektrifizierung der Bahnstrecke Lübeck-Hamburg fertiggestellt und die ersten von elektrischen Lokomotiven gezogenen Züge halten in Reinfeld.

 

Claudius-HofNachdem sich herausgestellt hat, dass das Gebäude der Claudius-Mühle nicht mehr saniert werden kann, wird es 2008 bis auf die Fassade abgerissen und durch einen Neubau im gleichen Stil ersetzt. 2010 wird hier eine Senioren-Wohnanlage eröffnet, die folgerichtig „Claudius-Hof“ getauft wird und mehr als 100 Woh­nungen sowie eine Pflegestation bietet. Im Erdge­schoss des Hauptgebäudes wird ein kleines Mühlen­museum eingerichtet. Gleichzeitig werden auch das Ufer des Herrenteichs rund um den Karpfenplatz sowie die Müllerwiese neu gestaltet. In Höhe der Ahrensböker Straße wird dazu noch ein Wanderweg direkt am Teich entlang angelegt, so dass es nun möglich ist, den Herrenteich immer in Ufernähe zu umrunden. Nur das Naturschutzgebiet jenseits der Brücke bleibt ausgespart.

Um auch die Innenstadt attraktiver zu machen, wird wieder einmal die Paul-von-Schoenaich-Straße umgestaltet. Rund um den Rathaus-Vorplatz müssen alte Gebäude weichen, der Asphalt wird durch ein Pflaster ausgetauscht. Der Verkehr soll beruhigt werden. So soll eine Atmosphäre entstehen, die zum gemütlichen Schaufensterbummel einlädt.

Geschlossene Schlecker-FilialeRund um die frühere „Milchbar“ wird ein Fachmarktzentrum geplant, dass 2014 fertig gestellt werden soll. Da aber Verkaufs­verhandlungen scheitern, wird daraus erst einmal nichts. Alte Reinfelder wissen: „Schnell geht in Reinfeld nur das Verbreiten von Gerüchten.“

 

Links ein Symbol für die Lage: Seit Jahren sind diese Türen geschlossen. Der Fotograf Dierk Topp hat das tote Schaufenster mit einem Poster verschönert. „Reinfeld ist so schön. Helft, dass es so bleibt!“ heißt es darauf.

 

 

 

 

 

 

 

Neues Rathaus ReinfeldNach gut 100 Jahren ist das Rathaus für die stark gewachsenen Aufgaben der Verwaltung zu klein geworden. Neuer Raum muss her, und der entsteht gleich gegenüber an Stelle der zuvor abgerissenen Gebäude. Im Dezember 2016 kann ein Teil der Stadt­verwaltung in das im schlichten „Stadthaus-Stil“ gehaltene Neue Rathaus umziehen.

2017 wird endlich auch der Zugang zum Bahnsteig barrierefrei. Der alte Tunnel wird durch eine moderne Fußgängerbrücke mit Aufzügen ersetzt. Das alte Bahnhofsgebäude wird damit eigentlich endgültig überflüssig. Dazu passend haben Bahn und Stadt gleichermaßen 150. Geburtstag des Bahnhofs und der Bahnstrecke 2015 verschlafen. Die Zukunft des Gebäudes ist unklar.

Die Entwicklung der Stadt ist sicher noch nicht zu Ende. Die nächsten Jahre werden weitere Veränderungen bringen: Die Innenstadt muss wieder belebt werden, ein neues Verkehrskonzept ist erforderlich, der Sp0rtplatz muss saniert werden, der Bahnübergang Am Zuschlag soll überbrückt werden. Dafür müssen auch neue Einnahmequellen für das chronisch leere Stadtsäckel gefunden werden.

Die Reinfelder Geschichte wird weitergehen.